Wie realistisch sind die Klimaziele der EU?
Als Stimme der Aluminiumindustrie in Europa äußert sich der Branchenverband European Aluminium zu den Klimazielen, die die Europäische Kommission für 2040 plant. Die Ziele sind ehrgeizig, doch sind sie realistisch?
Vorab sollte klar sein: Aluminium muss als Material angesehen werden, das für den Erfolg notwendig ist, schließlich dient es als Grundlage für diverse Übergangstechnologien, die für die Erreichung der Ziele notwendig sind und hat eine hohe Relevanz beim Ausbau erneuerbarer Energien. So werden beispielsweise für jedes MW an installierter Solarkapazität gut 21 Tonnen Aluminium benötigt. Für die Erhöhung der PV-Solarkapazität vom heutigen Stand (136 GW) auf 320 GW bis 2025 und 600 GW bis 2030 – so wie in der EU-Solarstrategie vorgeschlagen – würden zusätzliche vier bzw. zehn Millionen Tonnen Aluminium benötigt.
Große Mengen Aluminium werden auch für die Herstellung von Batterien, Elektrofahrzeugen, Windturbinen, Wärmepumpen und Wasserstoff-Elektrolyseure gebraucht. Insgesamt zeigen einige Studien auf, dass die zusätzliche Nachfrage an Aluminium in Europa bis 2040 gut fünf Millionen Tonnen pro Jahr erreichen wird, um die Klimaziele zur schnellen Energiewende erfüllen zu können – das entspricht einem Anstieg von 30 % im Vergleich zum heutigen Gesamtaluminiumverbrauch in Europa.
Zudem ist die Primäraluminiumproduktion im Vergleich zu anderen energieintensiven Industrien bereits elektrifiziert und der CO2-Fußabdruck Europas ist einer der niedrigsten der Welt: Seit Ende der neunziger Jahre hat die europäische Primäraluminiumindustrie ihre gesamten direkten CO2-Emissionen um 55 % gesenkt. Doch um einige Schritte weiterzukommen und die Dekarbonisierung weiter voranzutreiben, braucht der Aluminiumsektor einen umfassenden Rechtsrahmen, der die Branche vor der Verlagerung von CO2-Emissionen schützt, Anreize für Investitionen in die notwendigen Technologien schafft – und realistische Ziele für die weitere Verringerung der Emissionen.
Wie können die ehrgeizigen Klimaziele der EU erreicht werden?
Um möglichst realistische und für die Industrien erreichbare Umweltziele zu schaffen, sollte der Plan für 2040 Folgendes vorsehen:
Realistische Ziele: Die EU muss sich darauf konzentrieren, erreichbare und vernünftige Ziele zu setzen – beispielsweise in Form von flexibleren Zielen, neuen Technologien und einem angemessenen Emissionshandelssystem (EU-EHS).
Flexible Ziele: Anstatt sich nur auf Zahlen zu konzentrieren, sollten die Klimaziele von Rahmenbedingungen begleitet werden. Jedes Ziel muss durch klare politische Maßnahmen, den Aufbau öffentlicher und großer privater Infrastrukturen und finanzielle Unterstützung für Investitionen im Einklang mit einer skalierbaren Kommerzialisierung neuer Technologien untermauert werden.
EHS mit angemessenem Tempo: Das EHS ist das wichtigste Instrument zur Emissionsreduzierung in Europa. Derzeit ist es so angelegt, dass die Emissionen bis 2040 auf Null gesenkt werden (unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit des linearen Reduktionsfaktors).
Die EHS-Sektoren haben ihre Emissionen beträchtlich reduziert, doch klimaneutral sind sie lange nicht. Ohne einen gemessenen Ansatz für die industrielle Exposition wird das Ausmaß der Verlagerung von CO2-Emissionen noch weiter zunehmen.
Gewährleistung eines angemessenen Schutzes vor Verlagerung von CO2-Emissionen: Gegenwärtig entfallen 40 % der Primärproduktionskosten auf die Stromkosten, die in hohem Maße von den Kosten des Emissionshandelssystems beeinflusst werden, die von den Stromerzeugern auf den Strompreis umgelegt werden. Diese Kosten werden derzeit durch das System zum Ausgleich indirekter Kosten gemildert, was es den Mitgliedstaaten ermöglicht, ausgewählten energieintensiven Industrien einen Teil der Stromkosten zu erstatten.
Wenn der Ausgleich der indirekten Kosten vollständig durch die CBAM ersetzt würde, müssten die EU-Erzeuger diese indirekten Kosten zusätzlich zu mehr EHS-Kosten zahlen und weniger kostenlose Zertifikate erhalten. Insgesamt könnte die Abschaffung der derzeitigen Maßnahmen zur Verlagerung von CO2-Emissionen bei der Herstellung von Primäraluminium in Europa zu einem Kostenanstieg von 43 % führen.
Genügend Raum für eine skalierbare Entwicklung der Kohlendioxidbeseitigung: Für schwer abbaubare Industrien werden neue Technologien eine Schlüsselrolle bei der Verringerung der Kohlenstoffemissionen spielen. Die Haupthindernisse für den Einsatz dieser Technologien sind das Fehlen eines geeigneten Rechtsrahmens, der Zugang zur Lagerung, gute Transportalternativen und angemessene finanzielle Unterstützung.
Mehr Investitionsmöglichkeiten: Die Klimaziele sollten durch Investitionsmöglichkeiten und Unterstützung für kritische Wertschöpfungsketten einhergehen. Die Instrumente für staatliche Beihilfen sollten flexibler gestaltet werden, um Investitionen in Recycling und die Herstellung von kohlenstoffarmen und kreislauffähigen Metallen zur Versorgung kritischer Wertschöpfungsketten zu beschleunigen. Aluminium sollte in die Liste der strategischen Rohstoffe aufgenommen werden und alle relevanten Rohstoffe sollten durch das Gesetz über die Netto-Null-Industrie geschützt werden.
Die vollständige Einschätzung von European Aluminium finden Sie hier: 2040 CLIMATE TARGETS