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Recycling als Schlüssel zur Nachhaltigkeit

15. Juni 2022
Düsseldorf

Aluminium und Nachhaltigkeit – diese Diskussion ist seit langer Zeit ideologisch aufgeladen. Die Kritik, der sich die Aluminiumproduktion ausgesetzt sieht, lässt in der Regel die Tatsache unberücksichtigt, dass sich durch die vielfache Wiederverwendung des Werkstoffes der Energiebedarf deutlich reduziert. Vorausgesetzt, die Recyclingindustrie ist für die Verarbeitung der zukünftig erwarteten Rücklaufmengen gerüstet.

Der ökologische Fußabdruck des Werkstoffs Aluminium ist maßgeblich durch den Energiebedarf zu dessen Gewinnung beeinflusst. Bei einem Energiebedarf von etwa 14.000 kWh/Tonne Primäraluminium stellt sich in der Tat zunächst einmal die Frage, an welchen Stellen der Werkstoff sinnvoll einzusetzen ist.

Auf der anderen Seite verzeichnet die Aluminiumindustrie weltweit ein kontinuierliches, kräftiges und nachhaltiges Wachstum. Da ideologische Argumente den Trend nicht stoppen konnten, müssen die realen Vorteile des Werkstoffes zwangsläufig überwiegen.

Tatsächlich relativiert sich der genannte Energiebetrag zur Aluminiumerzeugung, wenn zwei wichtige Aspekte in Rechnung gestellt werden: Einmal lässt sich Aluminium dauerhaft wiederverwenden, wobei für das Recycling ca. 5 Prozent der in der Hütte eingesetzten Energie angesetzt werden können. Zudem helfen leichte Aluminiumkonstruktionen im Verkehr, wo heute der größte Anteil des Werkstoffes eingesetzt wird, Energie zu sparen. Hinzu kommt noch, was meist übersehen wird, dass der Energiebedarf zur Aluminiumverarbeitung – Schmelztemperatur, Formänderungsfestigkeit, spezifische Schnittkraft – deutlich unter den vergleichbaren Werten für die Stahlverarbeitung liegt – auch das trägt zur Energieeinsparung bei.

 

Eingebauter Wachstumsmotor

Der hohe Materialwert des Aluminiums macht es wirtschaftlich lohnend, alles wieder verwendbare Aluminium am Lebensdauerende zu recyceln. Im rohstoffarmen Europa ist man auf diesem Wege weit vorangekommen. In Deutschland ist das Recycling derzeit die wichtigste Rohstoffquelle der Aluminiumindustrie. Seit Jahren werden hier ca. zwei Drittel des erzeugten Metalls durch Recycling gewonnen. Weltweit deckt die Recyclingindustrie bereits etwa ein Drittel des Aluminiumbedarfs.

 

Weltweit deckt die Recyclingindustrie bereits etwa ein Drittel des Aluminiumbedarfs.

Infolge des wachsenden Aluminiumbedarfs und des Gebrauchs von durchschnittlich zehn Jahren entsteht zwangsläufig eine Lücke zwischen dem aktuellen Aluminiumbedarf und dem verfügbaren Recyclingmaterial. Diese Lücke schließen die Hütten; nach der Theorie müsste allerdings der Anteil des Sekundäraluminiums relativ größer werden. Dieser Anstieg besitzt in der Tat eine beachtliche Dynamik: Weltweit rechnet man bis 2025 mit einem Anstieg auf ca. 30 Millionen Tonnen Recyclingmaterial jährlich.

Soweit die Theorie. Der Vergleich der Produktionszahlen zeigt jedoch, dass in der Vergangenheit der theoretische Anteil aus Schrotten gewonnenen Materials nicht erreicht wird. Das mag vor allem darin begründet sein, dass die Entwicklung einer hinreichend leistungsfähigen Recyclingindustrie Zeit benötigt. In dieser Hinsicht hat sich in den vergangenen Jahren viel getan; heute steht eine eigenständige Industrie mit spezifischen Schmelztechniken zur Verfügung.

Heute steht eine eigenständige Industrie mit spezifischen Schmelztechniken zur Verfügung.

Der Zeitpunkt, an dem die Hälfte des benötigten Aluminiums sekundär erschmolzen ist, ist bereits absehbar. In der Zeit danach werden sich – das zeigt der theoretische Zusammenhang – Verbrauchsmenge und Recyclingproduktion immer weiter einander annähern.

Technik des Aluminiumrecyclings

Um ca. 30 Prozent des weltweiten Aluminiumverbrauchs verarbeiten zu können, bedarf es vor allem einer hochentwickelten Schmelztechnik. Die Aufgabenstellung ist komplex: Die anfallenden Schrotte reichen von dünnen Bändern bis hin zu massiven Blöcken. Die Zusammensetzung schwankt in weiten Grenzen. Der Grad der Verunreinigung reicht bis 10 Prozent und darüber. Aus diesem heterogenen Ausgangsmaterial gilt es, ein qualitativ hochwertiges Aluminium zu erzeugen, wobei der Energieeinsatz minimal und die Umweltbelastung weitgehend ausgeschlossen sein sollen.

Am ehesten lassen sich diese Anforderungen erfüllen, wenn Aluminiumprodukte in einem geschlossenen Kreislauf gefahren werden. Auf diese Weise wird eine weitgehende Sortenreinheit erreicht, die die direkte Wiederverwendung ermöglicht. Beispiele sind Getränkedosen, Schrotte aus dem Fenster- und Fassadenbau, Luftfahrtschrotte und einige andere.

Differenzierte Schmelztechnik

Wo die Schrotte unsortiert anfallen, kommt eine differenzierte Schmelztechnik zum Einsatz. Dabei lassen sich je nach Art und Verunreinigungen im Hinblick auf die einzusetzende Schmelztechnik unterschiedliche Schrottklassen unterscheiden:

-       Stückige Schrotte bis 1% Verunreinigung

-       Stückige Schrotte bis 5% Verunreinigung

-       Stückige Schrotte mit mehr als 5% Verunreinigung

-       Bearbeitungsspäne

-       Dünnwandiges Verpackungsmaterial, z.B. bedruckte Folien

-       Krätze, Schlacke o.ä.

Für diese Schrottklassen wurden unterschiedliche Verfahren und Ofenanlagen entwickelt. Beim Schmelzen verunreinigter Schrotte nutzen die Anlagen den Energieinhalt der organischen Verunreinigung zur Beheizung. Die ökonomische Seite profitiert dabei unter anderem von dem geringeren Energiebedarf. Das führt zu einer signifikanten Reduzierung der Betriebskosten, zugleich aber besitzt es auch den günstigen ökologischen Effekt des geringen CO2-Ausstoßes. Die minimalen Emissionen (NOx, Dioxine, VOC, kein Salz) tragen gleichfalls zum umweltfreundlichen Ofenbetrieb bei.

Beispiele moderner Recyclingöfen

Im einfachsten Falle erfüllt ein Einkammerofen die Anforderungen, beispielsweise dann, wenn Produktionsschrotte mit geringer Verunreinigung einzuschmelzen sind. Die Anlagen können wahlweise kippbar als Schmelz- und Gießofen oder aber stationär ausgeführt sein.

Eine häufig eingesetzte Ofenvariante ist der Mehrkammer-Schmelzofen zum Einschmelzen moderat verunreinigter Schrotte. Das Material wird, je nach Ausführung in einer Vorwärmkammer oder einem Vorwärmschacht, auf etwa 500°C vorgewärmt, wobei die organischen Anhaftungen abschwelen. Das erwärmte und gereinigte Material wird in das Metallbad überführt, wo es komplett in die Schmelze eintaucht und aufgeschmolzen wird. Die Schwelgase werden für die Beheizung genutzt. Diese Bauform, die unter anderem von Hertwich oder LOI thermprocess angeboten wird, arbeitet – je nach Grad der Verunreinigung – mit einem Energiebedarf zwischen 250 und 350 kWh/Tonne.

Vorkehrungen gegen Oxidationsverluste

Beim Einschmelzen von dünnwandigem Verpackungsmaterial machen die Oxidationsverluste besondere Vorkehrungen erforderlich. Besonders störend ist auch die Tatsache, dass Aluminiumverpackungen meist bedruckt, laminiert, kaschiert oder in anderer Kombination mit nichtmetallischen Bestandteilen anfallen. Mit der großtechnischen Aluminiumverwertung aus Packstoffen befasst sich beispielsweise die Pyral AG im sächsischen Freiberg. Der Abschwelprozess findet in einem Drehrohrofen unter Sauerstoffabschluss bei etwa 500°C statt. Die dabei entstehenden Rauchgase werden für die Beheizung des Ofens genutzt, so dass dieser Prozess nahezu energieautark stattfinden kann. Eine Wirbelschichtanlage sorgt danach für die Säuberung des Leichtmetalls, das im Anschluss sortenrein wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt werden kann.

Für stark verunreinigte Schrotte (>10%, hoher Eisengehalt) und für Schlacken haben sich Drehrohröfen bewährt, wie sie beispielsweise von der in Herten ansässigen Firma SUG oder von Hertwich gebaut werden. Diese Metallverluste sollte man nicht unterschätzen: Weltweit fallen derzeit jährlich ca. 3 Millionen Tonnen Krätze mit einem durchschnittlichen Metallgehalt von mindestens 50 Prozent an. Mit den verfügbaren Verfahren könnten daraus bis zu 1,5 Millionen Tonnen Aluminium wiedergewonnen werden. Die Metallausbeute dieses Ofens beträgt bei verunreinigten Schrotten 85 bis 90 Prozent und bei Krätze 45 bis 65 Prozent. Der Energieverbrauch ist gering; bei verunreinigten Schrotten und Krätze werden 250 bis 320 kWh/t benötigt.

Text: Alwin Schmitt, Bild: Shutterstock