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Die Zukunft der Mobilität

30. Mai 2022
Düsseldorf

Mehr denn je steht die Zukunft der Mobilität im Zeichen von Veränderungen. Die mittlerweile unumstrittene Abkehr von fossilen Brennstoffen bringt eine sinnvolle und notwendige Diskussion in Gang. Hier müssen alle möglichen Mobilitätsformen mit unterschiedlichen Aufgaben und Anforderungen berücksichtigt werden. Immer dabei: Leichtbau mit Aluminium-Werkstoffen. 

Prinzipiell kann die Aluminiumindustrie also in eine glänzende Zukunft blicken – wenn nicht zerrissene Lieferketten, Energie- und Klimakrise und drohende Auswirkungen des russischen Angriffskrieges ihre Schatten werfen würden. Doch die Branche ist gerüstet.

Die gesamte Weltwirtschaft steht derzeit auf einem Prüfstand, bei dem die Rahmenbedingungen des Tests noch nicht feststehen. Täglich können sich die Anforderungen ändern. Erfahrungen aus der Corona-Pandemie haben gezeigt, wie flexibel die europäische Wirtschaft reagieren kann. Doch selbst Fachleute sind aktuell nicht sicher, welche weltwirtschaftlichen Auswirkungen der russische Angriffskrieg noch haben wird. Schon jetzt steht aber fest, dass die Folgen fatal sind.

Einigkeit herrscht weitgehend, dass ein Umdenken hinsichtlich der jahrelang propagierten Trends zur Globalisierung unausweichlich sein dürfte. Neue Konzepte für ein flexibles Mobilitätsverhalten müssen überzeugen.

 

Viele positive Auswirkungen auf die Industrie

Um diese Ziele einer Verkehrswende zu realisieren, müssen sich Aluminiumhersteller und -verarbeiter täglich mit zerrissenen Lieferketten, mangelnden Verfügbarkeiten und steigenden Rohstoff- und Energiepreisen auseinandersetzen. Die Unternehmen sind sich aber einig: Ganz sicher wird der eingeschlagene Weg zur Elektromobilität der Aluminiumindustrie viele positive Auswirkungen bescheren. Inzwischen gilt das Leichtmetall sogar als Problemlösung vieler Aufgaben im Bereich Klimaschutz und Energiezukunft. Dies sind klare Zeichen, die sich positiv auf die Anwendung des Metalls für die Mobilität der Zukunft auswirken können.

Die gesamte Branche ist aufgefordert, diesem Trend noch mehr Schwung zu verleihen. Aluminium ist vielfältig einsetzbar, als Gussteil, Blech oder Profil. Entsprechend agiert die Aluminiumindustrie schon heute. Investitionen in digital gesteuerte Fertigungsanlagen, Forschungszentren und Projekte zur CO2-Reduzierung sowie nachhaltige Energiegewinnung prägen die Branche. Der Werkstoff Aluminium steckt nicht nur in Flugzeugen, Autos oder Schienenfahrzeugen.

Das universell einsetzbare Metall eignet sich für umfangreiche Aufgaben, die rund um die Elektromobilität angesiedelt sind. Neue Märkte entstehen zum Beispiel bei der Infrastruktur: Die Technologie des schwedischen Spezialisten ChargeNode ermöglicht die gemeinsame Nutzung einer zentralen Ladestation durch mehrere Fahrzeuge, die den Ladevorgang je nach Parkdauer und Ladebedarf automatisch verteilt. Die innovative Lösung besteht aus einem Aluminiumgehäuse mit integrierten Ladesteckdosen, das entlang der Parkplätze wie ein Geländer montiert werden kann und sämtliche Parkplätze mit Strom versorgt.

 

Die Folge neuer Anwendungen

Aus einer Untersuchung des International Aluminium Institute (IAI) in London geht hervor, dass die Aluminiumnachfrage bis 2030 um 33,3 Millionen Tonnen steigen wird. Waren es im Jahr 2020 noch 86,2 Millionen Tonnen, werden es in acht Jahren schon 119,5 Millionen Tonnen sein. Größter Abnehmermarkt dafür bleibt der Transportsektor mit dem Wachstumstreiber „E-Auto“.

Auch wenn sich Fachleute noch nicht einig sind, woher der Strom für die angestrebte Elektromobilität der Zukunft kommen soll: Das E-Auto lässt sich nicht mehr aufhalten. Und darin wird viel Aluminium verbaut. Es übernimmt eine Schlüsselrolle im Bereich der Elektrofahrzeuge. Schätzungen gehen davon aus, dass in den neuen E-Fahrzeuggenerationen durchschnittlich 75 Kilogramm mehr Aluminium verbaut werden als in herkömmlichen Verbrennern. Das hat nicht nur positive Konsequenzen für die Aluminiumbearbeiter: Die Gießereibranche zum Beispiel geht davon aus, dass das Gewicht der notwendigen Gussteile in E-Autos bis zu 55 Prozent zurückgehen wird. Trotzdem prognostizieren die Gießer, dass der Leichtbau-Trend eine Steigerung der globalen Nachfrage für AL-Gussteile ergibt und die Branche insgesamt vom Leichtbau und der E-Mobilität profitieren wird.

 

Problemlöser statt Teilefertiger

Die Zusammenarbeit zwischen Automobilherstellern, OEMs und der Aluminiumindustrie muss sich verändern. Die Unternehmen müssen vom klassischen Halbzeug-Lieferanten in die Rolle eines Problemlösers wachsen. Nur gemeinsam lässt sich eine deutliche Kostensenkung darstellen, die für eine signifikante Marktdurchdringung notwendig sein wird. Die in vielen Ländern politisch gewollte Subventionierungsphase wird in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auslaufen. Dann müssen effiziente Fertigungssysteme und hohe Stückzahlen die Produktionskosten vertretbar halten.

Die Aussichten sind gut: Mehrere Faktoren haben schon jetzt maßgeblich dazu beigetragen, dass vor allem die mittelständische Leichtmetallindustrie einen zu erwartenden Strukturwandel mit den veränderten Anforderungen in Zukunft gut bewältigen kann. Vorausschauende und flexible Fertigungstechnik, digital gesteuerte Produktionsplanung, kombiniert mit schnellen und effizienten Prozessen, sind nicht nur Folgen der Corona-Pandemie. Hier haben Unternehmen erkannt, dass Beispiele aus anderen Branchen als Maßstab gelten können. Tesla ist ein Beispiel dafür: Lange haben große Automobil-Konzerne die Pläne des Software-geprägten Unternehmens belächelt. Heute steht Elon Musk mit dem Beispiel Tesla für eine ganz neue Herangehensweise bei der Automobilproduktion. Sein Erfolg ist mittlerweile unumstritten und dient als Vorlage für zahlreiche Start-ups, die sich gut am Markt behaupten.

 

Energie, Umwelt und Recycling

Deutlich problematischer sind die Perspektiven der Aluminiumindustrie unter dem Aspekt der Energieversorgung. Wie Dr. Hinrich Mählmann, Präsident von Aluminium Deutschland (AD), feststellt, steht die Branche vor einer harten Belastungsprobe: „Für uns als energieintensive Industrie ist die aktuelle Strom- und Gaspreisentwicklung bedrohlich. Einige der oftmals mittelständisch geprägten Unternehmen der Aluminiumindustrie werden dadurch an den Rand ihrer Existenz gedrängt. Die deutsche und europäische Aluminiumindustrie leidet.“ Ein Blick auf die Produktionsbedingungen in anderen Teilen der Welt macht klar, dass dort mit deutlich schlechteren Umwelt- und Klimastandards gearbeitet wird. „Das ist Carbon Leakage par excellence“, beklagt Mählmann.

Gleichwohl geben die mit dem Green Deal verbundenen Herausforderungen auch Grund zur Hoffnung. Mit dem Bewusstsein, dass Maßnahmen zur Energie- und Ressourceneinsparung nicht nur gut für Umwelt- und Klimaschutz sind, sondern auch positive betriebswirtschaftliche Folgen haben, hat sich die Industrie auf den Weg zur Klimaneutralität gemacht. Die Erfolge sind vorzeigbar und mustergültig: Zulieferbetriebe der Mobilitätsbranche setzen auf energieeffiziente Fertigung, Stromerzeugung aus nachhaltigen Quellen wie Fotovoltaik oder Wasserkraft. Strenge Recycling-Vorgaben in den Unternehmen sorgen dafür, dass heute kein Kilogramm Aluminium verloren geht.

Hier spielt die Industrie die Werkstoff-Vorteile geschickt aus. Denn wenn der Anteil von Aluminium-Werkstoffen beispielsweise in Fahrzeugen größer wird, muss auch die Recyclingfähigkeit sichergestellt werden. Auch um den CO2-Fußabdruck für Bauteile aus Aluminium immer weiter zu reduzieren, wird intensiv an neuen Recycling-Verfahren geforscht. Oft wird mit „kohlenstoffarmem“ Aluminium geworben – gemeint ist dabei der kohlenstoff-reduzierte Recyclingprozess – für Sekundäraluminium. Hier ist ein völlig neuer Branchenzweig entstanden, der sich intensiv mit ausgefeilten Recyclingprozessen für die Aluminium-Industrie befasst.

Text: Alwin Schmitt