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Green Deal: Folgen noch nicht absehbar

30. Mai 2022
Düsseldorf

Der im Dezember 2019 vorgestellte Europäische Green Deal ist ein Paket politischer Initiativen, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Es handelt sich um einen sektorenübergreifenden Ansatz, bei dem alle Politikbereiche zum übergeordneten Klimaziel beitragen.

Mit dem Paket „Fit für 55“ werden die Ziele des Green Deals in konkrete Rechtsakte übertragen. Dazu werden bestehende Rechtsvorschriften im Bereich Klima, Energie und Verkehr aktualisiert und neue Gesetzgebungsinitiativen eingeführt. „Fit für 55“ bezieht sich auf das Zwischenziel der EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken.

Das Paket „Fit für 55“ umfasst derzeit Vorschläge und Initiativen zu u.a. Emissionshandelssystemen, Emissionsreduktionszielen der Mitgliedstaaten, Energieeffizienz, CO₂-Ausstoß von Kraftfahrzeugen, Energiebesteuerung und einem CO₂-Grenzausgleichssystem.

Die von der EU und den EU-Mitgliedsstaaten verfolgten Ziele zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 sowie der Zwischenziele bis 2030 haben erhebliche Auswirkungen auf die Aluminiumindustrie:

 

·       Der Ausbau der Elektromobilität führt bis 2035 (Verbot des Inverkehrbringens von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor) in der EU zur Außerbetriebssetzung von etwa 100 Millionen Fahrzeugen mit Diesel- oder Ottomotor, ein Großteil davon mit Motorblöcken aus Aluminiumguss. Für dieses Material gibt es infolge seine Werkstoffqualität nur begrenzt Nachfragepotential in anderen Sektoren und es ist mit einem Abfluss des Materials in Nicht-EU-Länder zu rechnen.

·       Die Automobilindustrie wird den Bedarf an Aluminium-Knetlegierungen für Profile und andere Bauteile im Zuge des Ausbaus der Elektromobilität und des Leichtbaus deutlich ausweiten und ihre sektorale Marktmacht möglicherweise zu Lasten des Baubereichs einsetzen.

·       Der Baubereich muss frühzeitig eine sichere und nachhaltige Materialversorgung für den Zeitraum bis 2030 und danach sicherstellen. Dies ist durch eine Verpflichtung zur Schaffung geschlossener Kreislaufsysteme denkbar bzw. möglich. Eine gesetzliche Lösung erscheint derzeit unrealistisch. Es kommt nur eine freiwillige Branchenlösung in Betracht.

·       Unternehmen der Aluminiumindustrie müssen Anstrengungen unternehmen, den Anteil des im geschlossenen Kreislauf geführten Materials auf bis zu 100 Prozent zu erhöhen, um zukünftigen Engpässen in der Versorgung entgegenzuwirken.

·       Erwartungen des Marktes auf die ausschließliche Bereitstellung von Sekundärmetall müssen realistisch beantwortet werden.

 

Die Integration von Recyclingmaterial bildet einen Schwerpunkt bei der Entwicklung neuer Werkstoffe. Von Aluminiumlegierungen werden heute nicht nur Eigenschaften wie Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit oder Leitfähigkeit verlangt. Der CO₂-Fußabdruck ist in gleicher Weise relevant. Recycling-Werkstoffe allein werden auf absehbare Zeit den Aluminiumbedarf nicht sicherstellen können.

Die Aluminium-Kreislaufwirtschaft sollte deshalb im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung der Rohstoffversorgung weiterentwickelt werden. Künftig wird es im gleichen Maß darum gehen, Produkte so zu fertigen, dass sie am Ende ihrer Nutzungsphase im Zusammenspiel mit den verfügbaren Technologien in möglichst vielen Kreisläufen ohne Qualitätsverlust erneut verfügbar sind.

Text: Alwin Schmitt